„5 vor 12 – Zeit für Demokratie“ am 13.09.2025

Rede von Irina Nekrasov

Hallo! Danke, dass ich hier heute einen Tag vor den Kommunalwahlen in NRW sprechen darf. Danke an alle, die diese wunderbare Veranstaltung organisieren.

Seit Juli bin ich in der Region als Autor*in in einem Residenzstipendium. Seit Juli spaziere ich durch die Eifel, lese Bücher und schreibe an meinem ersten Roman. Klingt eigentlich idyllisch! Aber in meinem Roman geht es um die stalinistischen Verbrechen, die an meiner Familie verübt worden sind. Die Bücher, die ich lese, sind Sachbücher über den Stalinismus. Und der Wald, durch den ich laufe, war einer der verlustreichsten Kriegsschauplätze an der westlichen Front im Zweiten Weltkrieg.

Am 12. September überquerten die Alliierten die deutsche Grenze bei Aachen, und die Schlacht im Hürtgenwald begann kurz darauf. Das war gestern vor 81 Jahren. Im Hürtgenwald sind mindestens 33.000 US-Amerikaner1 im Kampf gegen Nazi-Deutschland gefallen, verwundet worden oder verschollen. Und das nur wenige Monate vor der deutschen Kapitulation, als der Krieg aus deutscher Sicht eigentlich schon längst nicht mehr zu gewinnen war. Es ist unklar, wie viele Wehrmachtssoldaten gefallen sind; auf deutscher Seite hat keiner mehr so richtig gezählt2. Die Infrastruktur war schon nicht mehr da. Aber Goebbels hatte zum „Totalen Krieg“ ausgerufen, und das hat dazu geführt, dass mit jedem Tag, den die deutschen Soldaten die Stellung hielten, das Morden in den Konzentrationslagern weitergehen konnte. Allein in Auschwitz starben inklusive der Todesmärsche in diesem Zeitraum noch zehntausende Menschen.

Nicht weit von hier, in Düren-Arnoldsweiler, wurden sowjetische Zwangsarbeiter in einem Außenlager festgehalten. Nach dem Krieg wurden 1.552 sowjetische Staatsangehörige aus der Erde ausgegraben. Und im Hürtgenwald? Da brannte es in den Sommern nach dem Krieg, denn die zurückgelassene Munition der Amerikaner beinhaltete Phosphor, was bei hohen Temperaturen zu Brand geführt hat. Der Wald brannte. Deutsche Kinder der Nachkriegsgenerationen verletzten sich und starben an den Minen, die nur wenige Jahre vorher deutsche Soldaten vergraben hatten. Es dauerte Jahrzehnte, bis der Wald mehr oder weniger entmint war.3

Ihr denkt euch vielleicht: „Du kommst gar nicht von hier, warum erzählst du uns unsere Lokalgeschichte?“ Es stimmt, ich lebe seit 11 Jahren in Leipzig, Sachsen,  Ostdeutschland, AfD-Paradies, dies das – darüber spreche ich später noch. Aber nachdem ich mit meiner Familie in Deutschland ankam, hat der Königsberger Schlüssel uns nach NRW gebracht. Wenn ihr euch fragt, wer oder was dieser Schlüssel ist – es ist das Instrument, das entschieden hat, wo meine Familie hinziehen darf. Deutschland wollte nämlich verhindern, dass zu viele Migrant*innen auf einem Haufen lebten. Man hat ja Angst vor unseren Ghettos.

Ich kenne also NRW. Ich weiß, wie es ist, hier aufzuwachsen. Aufgewachsen bin ich im Münsterland. Im Münsterland, wo man so stolz darauf ist, dass die AfD vergleichsweise niedrige Zahlen hat, wuchs ich zwischen Jugendlichen auf, die fanden, zu viele Ausländer auf dem Gymnasium wollen sie nicht. Zwischen Erwachsenen, die Kindern auf dem Schulhof verboten, ihre Muttersprachen zu sprechen. Zwischen Rentner*innen, die sich mit mir anfreunden wollten, indem sie mir von ihrem Einsatz an der Ostfront erzählt haben.

Meine Mutter arbeitete als Reinigungskraft in Privathäusern und nahm mich regelmäßig mit. Während meine Mitschüler*innen behaupteten, sie hätten von ihren Großeltern nie etwas über den Krieg gehört, wurden vor mir Fotoalben und Notizbücher rausgeholt. Ich war 8 Jahre alt, und mir wurden Gedichte und Zeichnungen aus der Kriegsgefangenschaft gezeigt. Diese alten Männer zeigten mir stolz ihre Souvenirs aus der Zeit, in der sie in mein Heimatland einfielen und Millionen Menschen ermordeten. Zuhause sprachen meine Eltern auch über nichts anderes.

Mein Vater war obsessiv mit dem Zweiten Weltkrieg. Wie soll er das nicht gewesen sein? Seine Mutter wurde auf dem Arm ihrer Mutter als Antwort auf den Angriff der Deutschen von Stalin gen Osten deportiert, und sein Vater floh auf dem Arm seiner Mutter unter Beschuss aus Stalingrad. Abends schauten wir sowjetische Filme, in denen man Naziverbrechen ganz anders darstellte, als in den paar Spielfilmen, die in Deutschland zu dem Thema produziert worden sind. Die 5.295 von den Deutschen verbrannten Dörfer in Belarus werden in diesen Filmen nicht ausgelassen. Die Vergewaltigungen und Massenmorde werden gezeigt.

Ich war ein Kind und lebte in einer Welt, in der der Krieg noch lange nicht zu Ende war. Bei meinen deutschen Mitschülern schien das nicht der Fall. Sie fanden mein ständiges Fragen: „Was hat dein Opa im Krieg gemacht?“ komisch. Entweder sie sagten: „Er war ein Deserteur.“ Oder sie fanden mich einfach komisch.

Die Studie „Opa war kein Nazi“4 zeigte, dass die Enkelgeneration um die 2000er herum davon ausging, dass nur 1 Prozent der eigenen Angehörigen an Verbrechen beteiligt, 13 Prozent wären im aktiven Widerstand gewesen. Wenn die eigene Familie auf der anderen Seite der Geschichte steht oder man sich mit der eigenen Geschichte befasst, dann weiß man, dass das nicht stimmen kann.

Wenn ich durch den Hürtgenwald laufe, graut es mich. Ich habe das Gefühl, es ist ein Geisterwald. Und wenn ich aus dem Wald herauslaufe und einem Menschen begegne, dann frage ich mich: Siehst du die Geschichte, die ich sehe? Zwischen jedem Baum und unter all dem Laub und Moos? Sehen nur die Nachfahren der Opfer der Nazigewalt die Geister?

In der Stadt im Münsterland, in der ich aufwuchs, wurde eine Synagoge verbrannt.5 Ein jüdischer Fleischer wurde enteignet. Noch heute kann man dort Fleisch kaufen, aber nicht von einem jüdischen Fleischer. Auf dem Marktplatz hingen riesige Hakenkreuzfahnen. Der Marktplatz war nach dem Führer benannt. Ich bin nicht in dieser Stadt geboren. Und trotzdem weiß ich das. Und manchmal kann ich nachts nicht schlafen, weil ich mich frage, welcher dieser Männer, die mir Fotos, Geschichten und Kekse gaben, an dem Brand in der Synagoge beteiligt war. Eine kleine Stadt, in der die meisten einander kennen. An einem zentralen Platz gelegen stand die Synagoge. Ich weiß, dass irgendwer von diesen Menschen zumindest wusste, wer es war. Und ich habe keine Worte für das Gefühl, das ich empfinde, wenn ich daran denke, dass keiner meiner Mitschüler nachgefragt hat. Wer war es, Opa? Warst du es, Oma? Wer hat sie angezündet? Wieso hat niemand nachgefragt?

Für mich ist die rechte Politik in unserem Land keine Überraschung. Leider. Ich bin queer und migrantisch. Ich wusste, dass es ein „immer wieder“ geben kann. Seit Jahren reden meine Freund*innen und ich darüber, was wir tun, wenn „es“ so weit ist. Nie fragt jemand von uns, was wir mit „es“ eigentlich meinen.

Wir wohnen in Sachsen. Und der große Unterschied zu NRW ist, dass man in NRW mancherorts immer noch behaupten kann, dass doch alles okay ist. Man rollt die Augen über den Osten. Viele machen Witze über den Osten. Aber sich solidarisieren, das machen sie nicht.

In Sachsen sind wir die Hitlergrüße gewöhnt. Da fährt man nicht einfach so raus in die Berge zum Wandern, egal wie wunderschön sie sind. Da wird man auf CSDs von Nazigruppen verfolgt. Da bauen völkische Siedler ihre Strukturen in ganzen Städten seit Jahren auf. Da gibt es Städte, in die ziehen Nazis aus ganz Deutschland und unterwandern Stück für Stück die gesamte Infrastruktur. Und in all den Jahren, die ich mich nun schon in Ostdeutschland organisiere und demonstriere, waren es immer die selbstorganisierten antifaschistischen Gruppen, die das Leben von Queers, Obdachlosen, migrantischen und nicht-weißen Menschen geschützt haben. Es waren nicht die Polizisten.

Letztes Jahr auf dem CSD der mittelsächsischen Stadt Döbeln erlaubte es die Polizei, dass ein Nazimob den CSD die gesamte Strecke verfolgte6. Auf vielen Demos auf dem Hinterland, in dem die Organisator*innen die Polizei teilweise anflehten, sie genug vor den Nazis zu schützen, steht man immer wieder Gesicht zu Gesicht mit Nazis.

Auch in Westdeutschland konnte man sich nicht auf die Polizei verlassen, als 9 Menschen in Hanau von einem Faschisten ermordet wurden. Die Polizeinotrufzentrale war nicht erreichbar. Bis heute wurde das nicht aufgearbeitet. Es wurden keine Konsequenzen gezogen.

Seit Jahren organisiert man sich in Ostdeutschland gegen Faschismus. Das müssen wir tun, denn die freien Sachsen, der Dritte Weg und die AfD regieren schon längst unsere Kleinstädte und Dörfer. Und die CDU stimmt gemeinsam mit rechtsextremen Parteien in den Stadträten ab7. Da ist es nicht mehr fünf vor zwölf. Und ich spüre von Westdeutschland immer nur den verächtlichen Blick. Einen Witz haben viele auf den Lippen, aber die wenigsten unterstützen unsere Kämpfe.

In Plauen gab es einen Begegnungsort am Bahnhof. Die Räumlichkeiten gehören der Deutschen Bahn. Der Verein Colorido e.V. arbeitet seit Jahren für eine demokratische Zivilgesellschaft. Die Deutsche Bahn findet aber einen demokratischen Verein nicht neutral genug und möchte ihn aus den Räumlichkeiten rausschmeißen⁸. Stattdessen hängen dort jetzt Neonazis rum.

In Wurzen möchte die Stadt den Verein „Netzwerk für Demokratie“ nicht mehr mit Geldern unterstützen. Jetzt verweigert die Stadt dem Netzwerk sogar Spenden, die der Stadt keinen Cent gekostet hätten8. Gleichzeitig ziehen inzwischen auch Neonazis aus Westdeutschland nach Wurzen und bauen ihre Strukturen auf. Einen bundesweiten Aufschrei gibt es selten.

Ich würde mir wünschen, dass es Veranstaltungen wie diese jeden Tag in jeder Stadt und jedem Dorf in Deutschland gäbe. Ich würde mir wünschen, dass westdeutsche Menschen, die für eine Demokratie kämpfen, ostdeutsche Kämpfe unterstützen. Ich würde mir wünschen, dass sie neugierig werden und Gespräche führen. Ich würde mir wünschen, dass wir alle von den zivilgesellschaftlichen Initiativen in Ostdeutschland lernen. Denn egal, was sie machen: Kochabende, Fahrradwerkstätten, Jugendtreffs, Gartengruppen oder Demos – sie sind immer zuerst antifaschistisch.

Als sich eine Gruppe von Menschen in Waldheim organisierte, um den Montagsdemos von völkischen Gruppen etwas entgegenzusetzen, hielt ein seit seiner Jugend engagierter Freund von mir eine Rede. Daraufhin erzählte mir eine Frau, wie sie seither den Gegenprotest mitorganisiere. Sie sagte: „Ich war mein Leben lang unpolitisch und habe nichts mit all dem zu tun haben wollen. Aber dann habe ich verstanden, dass Antifaschismus kein böses Wort ist, sondern das Mindestmaß an Anständigkeit in unserer Zeit. Der kleinste gemeinsame Nenner.“

Morgen sind Wahlen in NRW. Als ich in Leipzig letztes Jahr zu den Landtagswahlen ging, habe ich zu meinen Freunden scherzhaft gesagt: „Lass uns ein Selfie machen, es könnte unsere letzte Wahl sein.“ Wir haben gelacht, aber es gleichzeitig ernst gemeint.

Bei jeder Wahl frage ich mich das: Wie viele Wahlen werden wir noch haben? 1933 waren es die Konservativen, die die NSDAP hofierten. 2025 war es die CDU, die mit der AfD zusammen Politik auf Bundesebene machen wollte. Es sind CDU-Politiker, die uns immer wieder vor dem Linksrutsch warnen, während der rechtsradikale Vater des Mörders in Hanau immer noch die Familien der Opfer bedroht.

In Oldenburg wurde Lorenz A.8 von hinten mit mehreren Schüssen von einem Polizisten erschossen. In Hessen gab es im Zusammenhang mit den Drohbriefen des NSU 2.0  Beweise, dass die Täter Informationen von einem Polizeicomputer erhalten hatten99. Die Bundeswehr meldete vor einigen Tagen die höchste Zahl an Ausschluss von Soldaten aufgrund rechtsradikaler Gesinnung1010. In Cottbus wurde ein Hausprojekt von Rechten angegriffen. 2024 starb eine bulgarische Familie nach einem Brandanschlag in Solingen.1111 In Halle, nur 20 Minuten von Leipzig entfernt, schützte nur eine alte Tür die jüdische Gemeinde an Yom Kippur vor einem bewaffneten Nazi-Terroristen1122.

Und so wie all diese rechten Angriffe miteinander zusammenhängen, sollten auch wir, als antifaschistische Bürger*innen, Netzwerke spannen im ganzen Land, die stärker sind als ihre Gewalt.

Deutschland führt wieder die Wehrpflicht ein. Ich denke an meine Mitschüler*innen, die mir von den Großeltern erzählten – alle desertiert. Diese Unwissenheit über die eigenen Familiengeschichten in diesem Land lässt mich nicht los.

Ich gestehe euch etwas: Ich glaube an Geister. Ich glaube daran, dass wir unsere Geschichte aufarbeiten müssen, wenn wir nicht von ihnen aufgesucht werden wollen.

Und als Kulturwissenschaftler*in weiß ich, dass wir das in Deutschland nicht gemacht haben. Was bringt ein großes Denkmal in Berlin, wenn die wenigsten Menschen, mit denen ich täglich spreche, wissen, was ihre Großeltern gemacht haben? Dabei ist es nicht einmal schwer, all das herauszufinden. Die Archive sind offen.

Und ich sage das voller Frust im Bauch, denn ich arbeite gerade an einem Buch, und die Archive in dem Land, aus dem ich komme, wurden von einer faschistischen Regierung verschlossen. Und trotzdem arbeite ich die Geschichte meiner Vorfahren auf. Und das müsst auch ihr.

Es ist unklar, wie oft wir noch wählen gehen dürfen. Wir müssen alles – und ich meine wirklich alles – dafür tun, dass wir für immer werden wählen gehen können. Es heißt immer, dass wir es unseren Kindern schuldig sind.

Ich glaube aber an Geister. An all die unerzählten Geschichten und abgebrochenen Lebenswege von Menschen, die dem Faschismus zum Opfer fielen. In ihrer Schuld stehen wir. Dankeschön.

_________________________________________

  1. Die Zahlen variieren von 33.000 bis 55.000, wobei bis heute Körper von gefallenen US-Soldaten gefunden werden. ↩︎
  2. Die Zal variiert von 12.000 bis 28.000. ↩︎
  3. https://www.ardmediathek.de/video/alpha-doku/die-schlacht-im-huertgenwald/ard-alpha/Y3JpZDovL2JyLmRlL2Jyb2FkY2FzdFNjaGVkdWxlU2xvdC80MTE3Mjg3OTM4MTNfRjIwMjRXTzAwOTQzOEEw ↩︎
  4. file:///home/kitzl/Downloads/opawarkeinnazioriginalversion100.pdf ↩︎
  5. https://www.katholisch-ibb.de/kirchen-raeume/juden-in-ibbenbueren ↩︎
  6. https://x.com/jakobspringfeld/status/1836816864330055713?lang=de ↩︎
  7. https://www.tagesschau.de/inland/regional/sachsen/mdr-wurzen-entscheidung-des-stadtrats-gegen-das-demokratie-netzwerk-sorgt-fuer-kritik-100.html ↩︎
  8. https://www.amnesty.de/aktuell/deutschland-polizeigewalt-rassismus-lorenz-nelson ↩︎
  9. https://fragdenstaat.de/artikel/exklusiv/2023/10/der-nsu-20-war-nicht-allein/ ↩︎
  10. https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/bundeswehr-rechtsextremismus-134.html ↩︎
  11. https://www.spiegel.de/panorama/justiz/solingen-lebenslange-haft-fuer-vierfachen-mord-durch-brandanschlag-a-2ea4178f-6e73-477b-a5a6-c65732e21b5bl ↩︎
  12. https://www.bpb.de/mediathek/video/523889/ich-habe-den-rechtsextremen-anschlag-von-halle-ueberlebt/ ↩︎
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Einladung zu „5 vor 12 – Zeit für Demokratie“ am 14.06.2025

Liebe Mitglieder im Dürener Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt,

5 vor 12 – Zeit für Demokratie findet statt
am Samstag, 14. Juni 2025
ab 11.55 h
vor dem Dürener Rathausan der Bank gegen Ausgrenzung

Wir hoffen auf rege Teilnahme und freuen uns auf freundliche gute Gespräche.

Weitere geplante Termine sind:
Samstag 12. Juli 2025
Samstag 9. August 2025
Samstag 13. September

Ganz herzliche Grüße
Sprecherkreis
Dürener Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt

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„5 vor 12 – Zeit für Demokratie“ am 10.05.2025

Liebe Demokratinnen und liebe Demokraten,

heute ist der 10. Mai 2025, und wir stehen hier wieder zusammen, denn irgendwie fühlt es sich doch nicht so an, als könnten wir guten Gewissens unsere Treffen aufgeben, oder?
Immer noch braucht die Demokratie aufmerksame Streiter, Verteidiger.
Am 8. Mai 1945 kapitulierte Deutschland, 12 Jahre Diktatur mit 6 Kriegsjahren, Millionen von Toten weltweit, Zerstörung, Verfolgung, Hass und Hetze waren endlich vorbei.
Und heute, und jetzt?
Wir haben im Februar einen neuen deutschen Bundestag gewählt, die schwarz-rote Koalition steht, die Ministerinnen und Minister sind vereidigt, die Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler verlief etwas holprig, auch das ist Demokratie.
Julia Klöckner, neuerdings Bundestagspräsidentin, sieht sich als „Vermittlerin“ im Bundestag, und zwar zwischen allen Parteien.
Klöckner sagt, dass in einer Demokratie verschiedene Meinungen ausgehalten werden müssen.
Da stimme ich ihr zu, Demokraten mögen bitte tolerant sein gegenüber anderen demokratischen Meinungen.
Nur geht es hier nicht um die demokratische Position einer demokratischen Partei, sondern um die demokratiefeindliche Partei AfD und ihre ausgrenzende menschenfeindliche Politik.
Es geht darum, sich nicht mitreißen zu lassen, in derselben populistischen Sprache zu sprechen, zum Beispiel Vokabeln wie „Remigration“ nach der x-ten Wiederholung irgendwann wie selbstverständlich zu benutzen oder gar politischen Unsinn wie die „Bezahlkarte“ für Asylbewerber, eine Idee von B. Höcke aus dem Jahr 2017, irgendwann mit in die Ideenkiste oder gar Umsetzung zu nehmen.
Jens Spahn, neuerdings Fraktionsvorsitzender der CDU, derselbe, der sich nicht schämt, mit US-Präsident Trump zu sympathisieren, Spahn spricht sich für einen Umgang mit der AfD „wie mit allen anderen Parteien aus“, für ihn sind AfD-Vorsitzende für Ausschüsse im Bundestag kein Tabu – was ist da los?
Die AfD wurde letzte Woche endlich durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft, und zwar bundesweit, nicht nur in einzelnen Orts- oder Landesverbänden, die derzeitige gerichtliche Situation lasse ich jetzt mal außen vor. Das bedeutet, diese Partei wird weiterhin versuchen, das demokratische System Bundesrepublik durch demokratische Mittel auszuhebeln und dann durch eine zerstörerische Diktatur zu ersetzen.
Alexander Dobrindt, neuerdings Innenminister, „verspricht“ „harte“ Grenzkontrollen und Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen ab seinem ersten Tag im Amt – was ist da los?
Dobrindt will mit Ansage gegen Menschenrechte und gegen europäisches Recht verstoßen, das Recht auf Asyl ist in Deutschland noch gültig, Herr Dobrindt!
Versteht er das unter „Wegregieren der AfD“ ? Weiterhin AfD-Politik durch Regierungsparteien?
Ich bin überzeugt, dass jegliche Beteiligung an Entscheidungen oder sogar politische Beteiligung der AfD akut unsere Demokratie und damit Menschen in Gefahr bringt.
Menschen, die anders aussehen als die AfD das möchte, die anders denken als die AfD das möchte, die anders leben als die AfD das möchte, die anders sind als die AfD das möchte. Näheres dazu finden Sie z.B. in dem Buch „Machtübernahme“ von Arne Semsrott.
Dieses Land steht weiterhin vor vielen wichtigen Herausforderungen, für mich sind dabei die größten eindeutig nicht die Migration und auch nicht die Umstrukturierung des Bürgergeldes.

Für mich geht es um effizienten Umweltschutz, unter anderem durch Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, es geht um endlich ernst gemeinte, entsprechend konzipierte und finanzierte Integration von geflüchteten Menschen, es geht um die seit Jahrzehnten überfällige Umstrukturierung im Bildungssystem und es geht um mehr soziale Gerechtigkeit und Teilhabe, und und und.
Und ganz grundsätzlich geht es um unsere Demokratie, um den Erhalt dieses Staatsgebildes als demokratisch-freiheitliches System.
Denn wie viele Stimmen die AfD auch immer hat oder erreichen mag, sie bleibt eine rechtsextreme, menschenfeindliche und verfassungsfeindliche Partei, durch Steuergelder mitfinanziert.
Deshalb fordere ich jetzt eindeutiges Handeln für die Demokratie.
Vom Bundesamt für Verfassungsschutz erwarte ich die weiterhin sorgfältige Beobachtung der AfD, und wenn B. Höcke die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes widerlich zu bedrohen versucht, gehört diese Unverschämtheit mit auf die lange Liste der Belege für rechtsextreme Äußerungen durch die AfD und ihre Vertreter.
Von den Regierungsparteien und von den demokratischen Oppositionsparteien erwarte ich eine eindeutig demokratische Haltung und damit die Absage an jegliche Zusammenarbeit mit der AfD. Von allen demokratischen Politikerinnen und Politikern erwarte ich eine Mitarbeit an der Vorbereitung zum Antrag auf das Verbot der Partei AfD in Deutschland.
Ich möchte nicht, dass wir in spätestens vier Jahren bei den nächsten Wahlen vor dem Fernsehen hocken wie das Kaninchen vor der Schlange und bangen, wie viele Wählerinnen und Wähler sich wieder gegen die Demokratie entschieden haben, bangen, ob die Demokratie uns noch erhalten bleibt.
Denn Angst ist in diesen Zeiten vielleicht verständlich, aber eine ganz schlechte Begleiterin und eine Energiefresserin.
WIR sind die Demokratie, wir müssen für sie einstehen, sie beschützen und verteidigen, also wachsam bleiben, aktiv werden.
Das kann mühsam und anstrengend sein, doch ich möchte weiterhin die Freiheit haben,meinen eigenen Kopf zum Denken benutzen dürfen.
Ich möchte mir nicht von einer diktatorischen Regierung vorschreiben lassen, was ich zu denken und was ich zu tun habe.
Ich möchte weiterhin die Wahl haben, möchte nicht im Einparteiensystem leben.
Wir sind immer noch die demokratische Mehrheit!
Lasst uns mutiger werden, lasst uns noch mehr zusammen arbeiten, das macht Spaß und hilft gegen den Frust.
Also lesen Sie, informieren Sie sich, tauschen Sie sich mit anderen aus. Es gibt inzwischen viele Menschen mit Ideen und Aktionen, viele Texte, bis hin zu Sammlungen von Liedern für Demokratie oder sogar Orchester wie heute unsere wunderbaren Gäste vom Orchester der Vielfalt „Mer sin eins“.
Machen Sie den ersten Schritt, suchen Sie sich Gleichgesinnte, bringen Sie ihre Energien und Ideen ein in demokratische Gruppen, Gremien, Vereine und Parteien, und wenn sich da keine für Sie passende Organisation findet, überlegen Sie, was Sie konkret tun möchten und fangen Sie beherzt einfach klein selbst was Neues an!
 Abschließend wünsche ich mir und uns mit Blick auf die Kommunalwahl in NRW im September , dass die politisch Tätigen in unseren Gemeinderäten und in den Stadträten endlich aufwachen und die Bedrohung unserer Demokratie erkennen, denn es gibt sie ja nicht, die kleine glückselig machende Kommune, in der die AfD keine Bedeutung will!
Ich erwarte, dass sich die kommunalen Räte jetzt eindeutig positionieren für Demokratie, Toleranz und Vielfalt.
nd das tun wir auch, indem wir hier stehen, wir stehen hier für unsere Demokratie, für Toleranz und Vielfalt!
Vielen Dank.

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Unsere Veranstaltungen „Fünf vor zwölf – Zeit für Demokratie“ starten wieder ab 10.Mai.2025 um 11.55 Uhr auf dem Kaiserplatz in Düren

Liebe Bündnismitglieder,
Liebe Demokratinnen und Demokraten,

die Bundestagswahl ist mehr als 2 Monate her. Es gibt eine schwarz-rote Koalition, die hoffentlich ihrer Verantwortung für Deutschland, für ein demokratisches Deutschland, gerecht werden kann.

Wir setzen uns weiter für die Demokratie, für Freiheit, Vielfalt und Menschlichkeit in diesem Land ein. Laut und öffentlich.

Auch mit Blick auf die Kommunalwahlen NRW im September wird es deshalb weitergehen mit unseren Veranstaltungen „5 vor 12- Zeit für Demokratie“, wenn auch in verändertem Format. Jeweils am 2. Samstag im Monat.

Auftakt ist am
Samstag, den 10. Mai 2025
„5 vor 12 – Zeit für Demokratie“
vor dem Rathaus Düren
an der Bank gegen Ausgrenzung

Kommen Sie, bringen Sie Freunde und Bekannte mit, jede Stimme zählt!

Wir freuen uns auf Sie

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„5 vor 12 – Zeit für Demokratie“ am 08.02.2025

Wir stehen heute hier, Mary Hüttel und Sophie Charlemagne, im Namen unseres Vereins Frauen helfen Frauen Düren e.V. und für alle Frauen und Menschen.
Wir stehen hier für eine Gesellschaft ohne Gewalt und Diskriminierung.

Wir bedanken uns beim Dürener Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt für seine Arbeit für die Demokratie und für die Möglichkeit hier zu sprechen.

Wir sind dankbar, dass Sie uns zuhören. Zu oft und schnell gerät es in Vergessenheit, wie nahe uns doch die alten Zeiten sind, in denen wir als Frauen in der Politik nichts zu sagen hatten – und wie viele Menschen es noch immer gibt, die Frauen nicht achten und Ernst nehmen – hier in Deutschland und überall auf der Welt.

Die Frauen, die unsere Mitarbeiterinnen beraten, und die Frauen, die in unserem Dürener Frauenhaus Schutz suchen, sind Frauen, die Gewalt erfahren haben. Der Schutz vor Gewalt gegen Frauen hat eine tiefgreifende Verbindung zu unserer Demokratie – das steht außer Frage, denn durch Gewalt werden grundlegende Menschenrechte und die Gleichstellung von Geschlechtern verletzt. Seit Jahrzehnten kämpfen Fachberatungsstellen für die Überwindung häuslicher sowie sexualisierter Gewalt.

Leider zeigen die Zahlen trotzdem noch etwas Anderes:
2023 wurden von der Polizei in Deutschland über 256.000 Fälle von Vergewaltigung und sexueller Nötigung und Übergriffe registriert, davon 99,9% an Frauen. Die Dunkelziffer der Betroffenen ist viel höher.
Fast jeden Tag sehen wir einen Femizid in Deutschland, – in 2023 wurde fast jeden Tag eine Frau von einem Mann getötet.
Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland häusliche Gewalt.
Jeden Tag werden mehr als 140 Frauen und Mädchen in Deutschland von einer Sexualstraftat betroffen. Sie sind Betroffene, weil sie Frauen sind.

Es ist wichtig zu betonen, dass Gewalt gegen Frauen ein systemisches Problem ist, das oft durch gesellschaftliche Normen und Machtverhältnisse verstärkt wird.

Die wichtigsten Ansätze gegen Gewalt an Frauen sind

  • Aufklärung und Sensibilisierung,
  • Augen offen halten,
  • Schweigen brechen.

Aus den Erfahrungen der Frauen, die bei uns im Frauenhaus Schutz suchen, wissen wir, es gibt noch viel zu tun.

Wir sind froh, dass die Bundes- und Landesregierung sich die Notwendigkeit des Schutzes vor Gewalt immer mehr auf die Fahne geschrieben haben. Das Bundesministerium schreibt:

„Gewalt gegen Frauen ist ein massives Problem in unserer Gesellschaft. …..Die Zahlen lassen daran keinen Zweifel, der Staat muss Frauen davor besser schützen.“

Im Gegensatz zur jetzigen Situation, wo die Landes- und Bundesregierungen hinter den Bestrebungen von Frauen helfen Frauen und den Frauenhäusern stehen, haben wir große Sorge, dass ein Rechtsruck die Gefahr von Gewalt an Frauen erhöhen würde.

Der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland hat ein Positionspapier von Fachberatungsstellen veröffentlicht zu sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt:


Bis weit in die Mitte der Gesellschaft verschreiben sich rechte Gruppierungen und Parteien vermeintlich dem Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt. Sie verfälschen Fakten und Realitäten, um rassistische Hetze zu betreiben.


Rechte und Rechtspopulist*innen zeichnen das Bild einer vermeintlich „heilen Gesellschaft“, mit der heterosexuellen Kernfamilie im Mittelpunkt.

Sie behaupten, dass hauptsächlich geflüchtete, migrierte oder nicht-weiße Männer Täter von Gewalt gegen Frauen und Kinder sind. Die kolonialen Bilder vom „übergriffigen Fremden“ werden bedient, um Ängste zu schüren, und die Gewalt innerhalb der Mehrheitsgesellschaft wird nicht benannt sondern relativiert.

Spezialisierte Fachberatungsstellen wissen jedoch aus ihrer Arbeit, dass sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt überall in der Gesellschaft ausgeübt wird. Sie kommt selten von außen. Der Großteil der Taten wird im sozialen Nahraum der Betroffenen geplant, verübt und verschleiert, in der Familie, dem Bekanntenkreis, Vereinen, Kitas, Schulen, am Arbeitsplatz und im Internet – egal ob mit oder ohne Migrationsgeschichte.

Die Behauptung, die meisten Täter*innen wären „Fremde“, erschwert die effektive Arbeit gegen Gewalt und steht der Prävention im Weg.

Trotz der besorgniserregenden Nachrichten vom Bundestag in den letzten Wochen gab es am letzten Freitag im Januar eine wegweisende gute Nachricht:

Der Entwurf des Gewalthilfegesetzes wurde von den demokratischen Parteien im Bundestag beschlossen!    Es konkretisiert staatliche Schutzpflichten aus dem Grundgesetz und Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention.

Damit hat der Bundestag einen historischen Erfolg für Frauen und ihre Kinder erzielt, die von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt betroffen sind. Recht auf Schutz und Hilfe – unabhängig vom Geldbeutel oder Wohnort.

Was hat unsere demokratische Regierung erreicht?

* 2,6 Milliarden Euro vom Bund für die Finanzierung des Gewalthilfesystems bis 2036 sorgen für mehr Schutzplätze, bessere Beratung und Stärkung der Präventionsarbeit.
⚖️*
Rechtsanspruch auf Hilfe. Zum ersten Mal wird es ab 2032 bundesweit kostenfrei einen Rechtsanspruch auf Schutz, Beratung und Unterstützungsangebote geben
* Frauenhausaufenthalte werden für Frauen und ihre Kinder kostenfrei –  in Zukunft muss keine Frau mehr selbst für ihren Frauenhausplatz bezahlen. Damit schaffen wir endlich die dringend benötigte finanzielle Absicherung für Frauenhäuser und Beratungsstellen, und keine Frau muss aus finanziellen Gründen auf Schutz im Frauenhaus verzichten.

Die Beschließung des Gewalthilfegesetzes im Bundestag ist das, was uns Mut machen sollte.

Wenn Frauen Gewalt erfahren, wird ihre Fähigkeit, aktiv am politischen und sozialen Leben teilzunehmen, eingeschränkt. Eine demokratische Gesellschaft muss sich daher aktiv gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt an Frauen einsetzen, um sicherzustellen, dass alle Stimmen gehört werden und alle Menschen die Möglichkeit haben, ihre Rechte und Freiheiten zu genießen.

In einer funktionierenden Demokratie sollten alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von Geschlecht und Herkunft, die gleichen Rechte und den gleichen Schutz genießen. Gewalt gegen Frauen ist nicht nur ein Verstoß gegen die Menschenrechte, sondern auch ein Hindernis für die volle Teilhabe von Frauen in der Gesellschaft. Lasst uns deshalb für unsere Demokratie kämpfen, damit auch Frauen und Kinder vor den unterschiedlichen Arten von Gewalt und Benachteiligung geschützt werden!

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„5 vor 12 – Zeit für Demokratie“ am 08.03.2025

Redebeitrag von Sabrina König, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Düren

Gleichberechtigung ist ein Recht – und dieses Recht braucht vor allem eines: Demokratie!

Demokratie bedeutet, dass jede Stimme zählt – unabhängig vom Geschlecht!

Der Internationale Frauentag erinnert uns daran, für Frauenrechte einzutreten und sie zu verteidigen. Doch genau dieses Engagement wird zunehmend von der Rechten vereinnahmt.

Heute tritt der rechte Diskurs oft nicht mehr offen antifeministisch auf. Viele ihrer Forderungen scheinen auf den ersten Blick den Schutz von Frauenrechten zu unterstützen. Doch es geht es ihnen nicht um Gleichberechtigung – sondern um Ausgrenzung. Ihr vermeintlicher „Schutz“ gilt nur bestimmten Frauen: den „heimischen“ Müttern. Frauen mit nicht-traditionellen Lebensmodellen, queere Menschen oder jene mit internationaler Familiengeschichte werden dabei ignoriert oder sogar aktiv ausgegrenzt.

Rechte Ideologien stehen für die Einschränkung reproduktiver Rechte, leugnen die strukturelle Benachteiligung von Frauen und diffamieren feministische Kämpfe als „Genderwahn“.

Es geht ihnen nicht um echte Chancengleichheit. Nicht um ein selbstbestimmtes, freies Leben für alle in einer offenen und gerechten Gesellschaft. Deshalb lasst uns laut sein!
Gegen den Rechtsruck, gegen Rückschritt – und für eine Zukunft, in der alle Menschen, und heute sind besonders Frauen gemeint, frei und sicher leben können.

Redebeitrag des Verein Goldrute e.V.

Der Verein“ Die Goldrute e. V.“ ist eine Organisation, die sich mit Entschlossenheit für den Schutz, die Unterstützung und die Rechte von Frauen einsetzt. Mit leidenschaftlichen Einsatz und unermüdlichen Willen stecken 13 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen ihre ganze Kraft und ihr Herzblut in diese Arbeit. In unserem Team werden 15 Sprachen gesprochen. Wir bieten mit unserem Verein Schutz und Hoffnung und geben denen eine Stimme, denen es nicht möglich ist laut zu werden.

Heute am 8. März, dem internationalen Frauentag möchten wir an die Frauen erinnern, die ihr Leben auf unterschiedlichste Art und Weise dem Kampf um die Würde der Frau gewidmet haben. Jina Mahsa Amini, Nawal el Saawadi, Hatun Sürücü  um nur wenige zu nennen.  Ihr Vermächtnis lebt weiter und treibt uns an.

Wie wir alle wissen, ist dieser Kampf noch nicht beendet, denn während wir heute zusammenstehen, gibt es Millionen von Frauen auf der Welt, die nach wie vor in den Fängen von Gewalt, Diskriminierung und Ausbeutung leben. Tausende von Frauen deren Rechte nach wie vor mit Füßen getreten werden und die unerhört bleiben. Wir sind heute hier um diesen Frauen eine Stimme zu geben.

Das patriarchale System in welchem wir leben verharmlost und normalisiert diese Gewalt derart, dass sie für viele unbemerkbar ist. Doch das Leid ist nicht nur weit entfernt, sondern allgegenwärtig. Wir erleben dieses Leid jeden Tag. Im Jahr 2024 hatte allein unsere Beratungsstelle 216 Fälle, in denen Frauen Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind.
Von diesen 216 Fällen sind nur knapp 40% zur Anzeige gebracht worden, was ein Ausmaß der Gewalt erahnen lässt, welches die offizielle Statistik nicht zu erfassen vermag. An jedem 2. Tag findet in Deutschland ein Femizid statt. Alle 3 Minuten wird eine Frau Opfer häuslicher Gewalt.
In Indien sterben jeden Tag 12 Frauen in Folge von Streitigkeiten um die Mitgift.
Im Südsudan sind bis zu 65% der Frauen und Mädchen körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt.
In Lateinamerika wird alle 2 Stunden eine Frau Opfer eines Femizides.
Frauen und Mädchen  in Afghanistan ist der Zugang zu höheren Schulen und Universitäten untersagt.
In etlichen Konflikten werden Vergewaltigungen als Kriegswaffe eingesetzt.
Gewalt gehört zum Alltag von Frauen. Die Konsequenzen der patriarchalen Machtverhältnisse treffen uns alle-in jedem Land der Welt und sind der Kern für Rassismus, Diskriminierung, Sexismus und Unterdrückung.

Heute, am 8. März ist feministischer Kampftag. Doch was heißt eigentlich Feminismus? Vereinfacht gesagt setzt sich Feminismus, insbesondere intersektionaler, inklusiver Feminismus  für den Diskriminierungsschutz aller Menschen ein und erkennt die Vielfalt der Geschlechteridentitäten und die Selbstbestimmung aller Personen an.

Leider können wir nicht davon ausgehen, dass mit der Zeit die Rechte von Frauen und genderqueeren Menschen erstarken.

Nur für Deutschland gesprochen war die extreme Rechte seit Gründung der Bundesrepublik noch nie so stark gesellschaftlich verankert und akzeptiert wie aktuell. Mit dem Erfolg der AfD geht nicht nur eine immer schneller werdende Normalisierung ihrer rechtsextremen Inhalte einher, sondern auch die Erstarkung ihrer antifeministischen Gesinnung.

Wie können wir als Community und Gesellschaft also nun handeln?

1.Wir können Hinschauen:
 Jede:r von uns kann aufmerksam sein und bei Verdacht auf Gewalt Hilfe suchen. Ein Anruf beim Hilfetelefon kann Leben retten.
2. Lasst uns Tabus brechen:
Gewalt ist nie das Verschulden des Opfers. Reden wir offen über die Problematik und ermutigen Betroffene, sich zu melden.
3. Wir brauchen mehr Bildung und Prävention:
Lasst uns in Schulen und Communities über Gleichberechtigung und Respekt aufklären, um Gewalt langfristig zu verhindern.
4. Wir können Engagement zeigen:
Lasst uns Frauenhäuser, lokale Hilfsorganisationen und Initiativen, die sich gegen Gewalt einsetzen, unterstützen.
5. Lasst uns der Intersektionen bewusst sein, die einige Frauen besonders gefährden: Herkunft, Rassifizierung, trans sein, prekäre Lebensumstände, Behinderungen

Ich bin eine Frau und Frauen haben einen besonderen Platz in meinem Leben. Wir sind  miteinander verbunden. Audre Lorde sagte einst „Ich bin nicht frei, solange irgendeine Frau unfrei ist, auch wenn ihre Fesseln nicht meine sind.“

Und deswegen werden wir nicht ruhen, bis jede Frau, an jedem Ort, in voller Würde und Freiheit leben kann. 

An die Regierung und das Land Nordrhein-Westfalen richten wir heute klare Forderungen:

  1. Mehr Schutz für Frauen! 
    Die Mittel für Frauenhäuser und Schutzunterkünfte müssen deutlich erhöht werden, damit jede betroffene Frau sofort einen sicheren Ort findet.
  2. Strengere Gesetze! 
    Wir fordern einen effektiven rechtlichen Schutz für Frauen, die Opfer von Gewalt werden.
  3. Prävention!
    Es braucht mehr Programme zur Aufklärung und Sensibilisierung, um Gewalt gegen Frauen schon in der Gesellschaft zu verhindern.
  4. Mehr Unterstützung für Opfer!
    Frauen, die Gewalt erfahren haben, müssen ernst genommen und umfassend unterstützt werden – sowohl rechtlich als auch psychologisch.
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Unsere Veranstaltung „5 vor 12 – Zeit für Demokratie“ findet noch am Samstag 08.03.2025 und am 15.03.2025 statt

die Veranstaltung „5 vor 12 – Zeit für Demokratie“ wird vorerst noch an
zwei Samstagen stattfinden, und zwar

am 08.03.2025 und am 15.03.2025.

Wir treffen uns wieder
um 11:55 Uhr
vor dem Rathaus in Düren
an der „Bank gegen Ausgrenzung“.
 

Wir freuen uns wie immer über viele Teilnehmer*innen.

Alle weiteren Aktionen zur/vor den Kommunalwahlen im Herbst werden wir mit dem Netzwerk „Kreis Düren. Demokratisch. Vernetzt“ abstimmen. Informationen hierzu geben wir dann wieder über unsere Internetseite oder per Mail.

Mit demokratischen Grüßen
Das Dürener Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt

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Demo am 08.02.2025

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„5 vor 12 – Zeit für Demokratie“ am 01.02.2025

Liebe Menschen aus Düren und Umgebung,

mein Name ist Ute Nebel und ich bin Mitglied im Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt.

Ich darf heute hier noch einmal sprechen und möchte Sie an ein paar meiner Gedanken teilhaben lassen.

Wir alle oder fast alle, die wir hier stehen, machen uns Sorgen um unsere Demokratie und um die Sicherheit der Menschen, die hier leben, im Bewusstsein, dass in diesem Land schon einmal eine Demokratie in kurzer Zeit ausgehebelt worden ist. Und 12 entsetzliche Jahre mit millionenfachen Morden, einem Weltkrieg und unzähligen weiteren Greueltaten folgten auf die Ereignisse von 1933.

Ich habe überlegt: Wie war das nochmal 1933? und habe es noch mal nachgelesen.

Ich war wieder völlig erschrocken über die Vorausplanung der NSDAP vor der sogenannten „Machtergreifung“. Und über ihre Skrupellosigkeit in der Missachtung von Gesetzen, ihre Gewalttätigkeit und die rasende Geschwindigkeit, mit der Hitler und seine Gefolgsleute nach seiner Ernennung zum Reichskanzler am 30.Januar 1933ihre Macht missbrauchten und sie weiter ausbauten.

Dabei hat es Chancen gegeben, die Weimarer Republik zu retten. Die beiden letzten sind an diesem 30. Januar 1933 selbst verspielt worden.

Die erste am Morgen des 30. Januar 1933 vom Vorsitzenden der DNVP Hugenberg: Als er mit Hitler über dessen Pläne zur Neuwahl am 5. März und das Ermächtigungsgesetz sprach, hat er dazu nicht nein gesagt.

Die zweite Möglichkeit verspielte von Hindenburg kurze Zeit später, denn er ernannte Hitler zum Reichskanzler, was er nicht hätte tun müssen.

Ich möchte dazu noch etwas von Krautreporter.de zitieren. „Extremisten kommen an die Macht, weil sie an die Macht gelassen werden!“

Danach geht alles sehr schnell: nur zwei Tage später am1. Februar 1933 löst Reichspräsident von Hindenburg den Reichstag auf.

Nach zwei weiteren Tagen am 3.Februar 1933 verkündet Hitler seine Pläne zur sogenannten „Eroberung neuen Lebensraums im Osten und dessen Germanisierung.“

Wiederum nur einen Tag später am 4. Februar 1933 werden die Presse- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt durch die sogenannte „Verordnung zum Schutz des deutschen Volkes“.

Am selben Tag wird die Auflösung der Gemeindevertretungen und der Gemeinderäte angeordnet und zahlreiche Gemeinderäte und Bürgermeister werden verhaftet.

Neuwahlen werden für den 5. März 1933 festgelegt.

Nur 18 Tage später am 22. Februar 1933 werden 50.000 SS und SA- Schläger zu sogenannten „Hilfspolizisten“ erklärt und ihr Straßenterror wird damit legalisiert.

Es folgt der Reichstagsbrand am 27. Februar 1933. Als Brandstifter wird ein kommunistisch aktiver Mann identifiziert, dessen Täterschaft bis heute nicht wirklich bewiesen ist.

Bereits am nächsten Tag am 28. Februar 1933 wird die sogenannte „Reichstagsbrandverordnung“ erlassen und damit werden die Grundrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt, nämlich das Verbot von Beschränkungen der persönlichen Freiheit, die Unverletzbarkeit der Wohnung und das Recht aus Eigentum. Die sogenannte „Schutzhaft“ wird damit legalisiert.

Die vermeintliche Täterschaft des kommunistischen Brandstifters dient als Vorwand für eine Welle des Terrors und der Gewalt. Politische Gegner werden verhaftet, inhaftiert, gefoltert, ermordet.

Vier Wochen sind seit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler vergangen.

Bei den Neuwahlen am 5. März verfehlt die NSDAP die Mehrheit und erringt sie nur mit Hilfe der konservativen DNVP.

Drei Tage später am 8.März 1933 werden die Reichstagsmandate der KPD für erloschen erklärt und damit ist die Zweidrittelmehrheit für den Beschluss des sogenannten „Ermächtigungsgesetzes“ gesichert.

Am 21 März 1933 wird das KZ Oranienburg bei Berlin errichtet, einen Tag später das KZ Dachau, hier werden vor allem politisch anders Denkende inhaftiert.

Wiederum nur einen Tag später, am 23. März 1933, nicht einmal acht Wochen sind seit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler vergangen, stimmt der Reichstag über das sogenannte „Ermächtigungsgesetz“ ab, das die Legislative in die Hände der Regierung legen soll.

Die Abgeordneten der KPD sind schon nicht mehr dabei und Teile der SPD-Abgeordneten fehlen ebenfalls wegen ihrer Verhaftung oder weil sie untertauchen mussten. Außer den anwesenden SPD-Abgeordneten stimmen alle Reichstagsmitglieder für dieses Gesetz.

Während der Abstimmung sind bewaffnete SS und SA-Schläger im Raum anwesend.

Eigentlich wollte ich mir das ganze Jahr 1933 für heute anschauen und nachlesen, aber nach nicht einmal acht Wochen nach der sogenannten „Machtergreifung“ hatte ich genug und es war mir elend zumute.

Ich dachte mir: Wie kriege ich jetzt bloß die Kurve zu heute und warum wir heute hier stehen?

Was ist heute anders als damals?

Heute gibt es Fake News oder einfacher gesagt mehr veröffentlichte Lügen, Verzerrungen und verdrehte Tatsachen.

Heute kann dank der neuen Medien nicht mehr so Vieles ungehört und ungesehen geschehen

Heute sind Frauen mehr gleichberechtigt als 1933 und auch sichtbarer und lauter in der Öffentlichkeit.

Heute leben wir seit 76 Jahren in einer föderalistischen Demokratie, die in unserem Grundgesetz definiert wird. Hoffentlich sind damit unsere Freiheit, die Gewaltenteilung, die Redefreiheit, die Versammlungsfreiheit und vieles andere mehr besser geschützt als die Verfassung der 13 Jahre jungen Weimarer Republik damals.

Heute wissen wir, was passieren kann, wenn Populisten laut werden und zerstörerische Kräfte wachsen, die unsere Demokratie abschaffen wollen.

Hier noch ein Zitat von Krautreporter.de:

„Es gibt zu jedem Zeitpunkt tausend (…) taktische und egoistische Gründe, mit Demokratiegegnern zusammenzuarbeiten. Aber die ganze Zeit über gibt es immer einen großen, guten Grund, es nicht zu tun, (…) : Am Ende fressen die Radikalen dich auf.“

Lassen Sie uns deshalb aufmerksam, wachsam und aktiv aber auch zuversichtlich bleiben, dass unsere Demokratie den Angriffen standhalten kann. Denn wir sind immer noch die Mehrheit, die demokratische Mehrheit.

Bitte wählen Sie eine Partei, der der Erhalt unserer Demokratie und damit die Menschenrechte, unsere Wahlmöglichkeiten, unsere Teilhabe, das Asylrecht, die Gleichberechtigung und die Würde aller Menschen in diesem Land wichtig sind.

Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.

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